Rosa erzählt

Hallo. Ich bin Rosa. Ich wohne in einem kleinen Kuhkaff in Samarien. - Na ja, eigentlich ist es kein Kuhkaff. Nur die Mensche, die hier wohnen, nennen es so. Für uns Schweine ist es natürlich eher ein Schweinekaff.

Normalerweise ist bei uns nicht viel los.

Aber vor ein paar Wochen, das wurde es hier richtig spannend. - Da bekamen wir nämlich einen neuen Hirten.

Also, das war vielleicht einer. - Ihr müsst wissen, normalerweise kommen die Schweinehirten bei uns aus dem Dorf. Das sind nette Jungs, die kennen uns Schweine und die wissen, wie man mit uns umgehen muss. Und die haben immer ihre kleinen Fressen-Pakete für sich selbst dabei. Aber der!!

Schon, wie der aussah: so edel-feine Klamotten hatte der an. Also, na ja, die waren mal edel-fein gewesen. Jetzt waren sie kaputt und schmutzig - ja, fast so schmutzig, wie man das uns Schweinen immer nachsagt. In der Beziehung passte der Typ ja echt in den Schweinestall. Aber wie der sich benahm. Was Feineres als wir war der. Sogar was Feineres als die anderen Menschen bei uns am Haus. Mit denen redete der gar nicht. Mit uns auch nicht, natürlich, wer redet schon mit uns Schweinen. - Aber das sollte sich ändern!!

Na, jedenfalls am Anfang ... wir haben uns wirklich gefragt, wie unser Bauer auf die Idee kommen konnte, uns den Typen vor die Nase zu setzen. Der kümmerte sich nicht richtig um uns. Der stand eigentlich nur dumm rum und schimpfte vor sich hin - hätte nicht viel gefehlt, und wir hätten den füttern müssen.

Nach ein paar Tagen änderte sich das. Da hörte der auf zu schimpfen. Ich glaube, der hatte gar nicht mehr den Mumm dazu. Der Typ ging nämlich abends nicht nach hause, wie die anderen. Der blieb bei uns im Stall. Stellt euch das mal vor: ein Mensch, der bei den Schweinen mit im Stall schläft. Besonders gut hat der bestimmt nicht geschlafen.

Na ja, und mit dem Fressen bei dem stimmte auch was nicht. Der hatte auch kein Fressen-Paket oder so. Muss echt Hunger geschoben haben, der Knabe.

Na, wie gesagt, nach ein paar Tagen ... es fing damit an, dass er sich wirklich abends in einer Ecke des Stalles in seine feinen Lumpen einhüllte und wie wir auf dem Boden schlief! Ein Mensch! Brrrrr! - Und dann kam das Schlimmste! Morgens holte er für uns das Futter, und ... ihr werdet es kaum glauben - da sah ich doch, wie er sich ganz schnell, bevor er es uns hinwarf, einige Brocken davon in den Mund stopfte. - - Also, ihr müsst euch das mal vorstellen! Was die Menschen sonst so für Sprüche über uns draufhaben: "Blöde Sau!" "Schweinestall" "Saustall" "!Das kann man nur noch den Schweinen vorwerfen" - so reden die sonst über uns! Und der Typ vergriff sich an unserem Futter!!

Erst waren wir mächtig sauer! Wir Jüngeren haben ihn gestoßen und getreten und angeschrieen, wir hatten auch Hunger, der sollte uns nicht das Futter wegfressen! - Aber dann haben die Alten uns zur Seite genommen: "Seid nicht so fies zu ihm!" sagte unsere Mutter. "Der schläft bestimmt nicht freiwillig bei uns im Schweinestall. Und der isst schon ganz bestimmt nicht freiwillig unser Futter. Wahrscheinlich ist der selbst ein ganz armes Schwein." - Schon wieder so ein Menschenspruch, in dem wir Schweine vorkommen!

Na gut, wir haben ihn in Ruhe gelassen. - Wir haben ihm dann sogar extra etwas Futter übrig gelassen, bestimmt war er nicht satt geworden, von dem bisschen, was er morgens genommen hatte auf dem Weg in den Stall. Das war vielleicht spannend, dem beim Essen zuzuschauen. Ganz Schwein wollte der wohl doch nicht werden. Der nahm doch tatsächlich das Fressen mit den Vorderhufen und schob es sich damit in die Schnauze. So was! - Ich habe es dann abends auch mal klammheimlich probiert, aber das ist wirklich die dämlichste Art, Fressen zu sich zu nehmen, die es gibt. Kein wunder, dass der Junge Hunger hatte!

Und weil er uns ja inzwischen schon richtig leid tat, dieser Schweine-Mensch, und weil es abends jetzt schon ganz schön kalt wurde, haben wir jungen Ferkel uns dann eines Abends an ihn gekuschelt, damit er es schön warm hatte.

Und plötzlich fing der Kerl doch an zu erzählen - uns Schweinen: "Ach, ich tue mir so leid", jammerte er. "Oh, ich armer, armer Mann! Was hatte ich es gut, früher, auf dem Hof bei meinem Vater! Alles hatte ich, was ich wollte, schöne Kleider, nette Freunde, eine Familie, genug zu essen ..." Aha, dachte ich, also wirklich einer von der ganz feinen Sorte. Mein liebes Ferkel, hatte der aber einen Abgang gemacht, vom feinen Pinkel direkt in den Scheinestall! Der Junge jammerte weiter: "Nein, ich Armer. Wie konnte mir das nur passieren. Ach, ich tue mir ja so leid." Dann schob er uns beleidigt von sich weg und rollte sich wieder in seinen dreckigen Klamotten ein. - Dann eben nicht. Wir suchten uns eine andere Kuschelecke.

Ein paar Tage später ging es weiter. Es war so kalt geworden, dass die Labertasche von selbst zu uns Ferkeln herüberkam ... erst sehr zögernd, war sich wohl eigentlich immer noch zu fein für uns, aber kalt ist kalt ..

Und kaum hatten wir uns wieder aneinander gekuschelt, fing er gleich wieder an zu plaudern. Klang aber ganz anders heute Nacht. "Hätte ich bloß nicht so einen Mist gebaut!" stöhnte er. "Es ist alles meine Schuld! Hätte ich mich doch zufrieden gegeben mit der Liebe meines Vaters, und mit dem, was ich hatte. Mir ginge es heute noch gut." Aha, Mist gebaut hatte der. Hatte ich mir doch gleich gedacht, dass der Dreck am Stecken hatte. Ein Mensch, der im Schweinestall lebt. Wurde ja jetzt richtig spannend hier. Hoffentlich erzählte er weiter. "Ach, was war ich dumm", jammerte er weiter vor sich hin. "Ich wollte ja unbedingt mein eigener Herr sein. Ich wollte ja unbedingt selbst entscheiden, was richtig für mich ist. Ich wollte ja unbedingt das ganze Geld, was mein Vater für mich gespart hatte, gleich haben. Und so richtig die Sau rauslassen wollte ich..." - Frechheit! Schon wieder so eine Schweinebeleidigung!! - "Ich musste ja unbedingt meinen lieben Vater allein lassen und abhauen. Oh, ich dummer, dummer Mann!" Er gab mir einen heftigen Stoß, als er plötzlich aufsprang und aufgeregt hin- und herlief: "Und was habe ich gemacht, mit dem vielen Geld? Ab in die Großstadt, und alles machen, was mir Spaß macht, und allen Leuten was ausgeben, und 1000 Freunde hatte ich. Und nachdenken musste ich nicht. - Und dann ..." er blieb plötzlich stehen und kauerte sich wieder bei uns auf den Boden. "Dann war das Geld plötzlich weg. Alles ausgegeben! Alles. Und meine vielen Freunde - auch weg. Als ich ihnen keine tollen Geschenke mehr machen konnten, waren sie weg. Keiner hat mir geholfen. Keiner. Und dann ... ach, ich Armer. Ach, ich Armer!" stöhnte er laut. Wahrscheinlich war ihm gerade wieder eingefallen, dass er mit uns netten Ferkeln in einem Schweinestall hockte.

Tja, an dem Abend war nichts mehr aus ihm herauszulocken. Er saß da auf dem Boden herum und heulte große Schweinetränen.

Am nächsten Morgen, als er mit unserem gemeinsamen Fressen ankam, sah er immer noch ganz zerknautscht aus. Und den ganzen Tag murmelte er ständig vor sich hin. Aber jetzt hörte es sich schon wieder ganz anders an. "Oh, mein armer Vater", jammerte er jetzt plötzlich. - Da war ihm wohl eingefallen, dass er noch jemand ganz anderem Kummer gemacht hatte als bloß sich selbst, mit seinen Dummheiten. - "Mein armer, armer Vater. Wie undankbar bin ich gewesen. Wie gemein. Einfach abgehauen. Er hat es nur gut gemeint, er wusste, was richtig und gut für mich ist. Nein, nein, ich habe mich unmöglich benommen. Oh, mein armer Vater. Nie wird er mir verzeihen. Nie! Was soll ich nur tun? Oh, mein armer Vater!" - Also, jammern konnte der Typ! Liebes Ferkel, wenn man mit Jammern reich werden könnte, dann hätte der schweinereich werden können. Nicht mal sein Fressen rührte er an. Dabei habe ich ihm extra etwas im Maul hingetragen. Sollte ja nicht verhungern, unser Hirte.

Plötzlich sprang er auf - mich hätte er fast getreten, der undankbare Tolpatsch! - und rief:" Ich weiß jetzt, was ich tun werde! Ich werde nach Hause zu meinem Vater gehen und ihm sagen, wie leid es mir tut. Ich werde ihm sagen, dass ich jetzt weiß, dass alles falsch war. - Verzeihen wird er mir bestimmt nicht, ich war so schlecht zu ihm. Aber vielleicht darf ich ja bei ihm, auf seinem Hof arbeiten, und in seiner Nähe sein. Mein Vater ist ein guter, gerechter Mann. Bei ihm werde ich gut behandelt werden als Schweinehirt. Oh, aber verzeihen wird er mir sicher nicht. Oh, was habe ich getan!"

Tja ... wir mussten uns das Gewimmer nicht mehr länger anhören. Er ging einfach weg. Ohne sein Fressen. Und ohne sich von uns ordentlich zu verabschieden. Weg war er. Jetzt haben wir wieder einen Schweinehirten, der sich auch wie ein Schweinehirte benimmt. Viel besser!

Und was aus unserer Labertasche geworden ist? Keine Ahnung. Also, wenn ich der Vater von diesem Typen gewesen wäre ... na ja!

Eins weiß ich doch noch: sie sagen, da soll es so ein dickes Buch geben, in dem ist auch diese Geschichte aufgeschrieben worden. Ihr müsst also nur das Buch finden - und die richtige Geschichte. Ist doch ganz einfach. Oder?

Ja, das war die Geschichte von Rosa, dem Ferkel aus einem Schweinestall in Samaria. Und ihr? Wisst ihr, welches Buch Rosa gemeint hat?

Diese Geschichte findet ihr in der Bibel - und dort steht auch, wie sie ausgegangen ist. Möchtest Du es wissen?

(Lukas 15)

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